Paul Julius Kleiber

Die Sprache der stillen Linien und freien Bögen

Auswahl

von Michale Antenberg am 21. März 2014, keine Kommentare

Von der Korrespondenz zwischen Claudio Lambertio und Paul Julius Kleiber sind nur einige Briefe erhalten. Vieles wird zwischen Sammler und Künstler im persönlichen Gespräch verhandelt worden sein. Durch einen erhaltenen Brief Claudio Lambertios ist bekannt, dass es für die Gestaltung seines Arbeitszimmers eine Skizze Kleibers gab, mit deren Hilfe der Künstler dem Sammler erklärte, welche Zeichnungen er wo hängen wollte und welche Wirkung er sich davon erhoffte. Lambertio hatte in einer kleinen Ausstellung in Rom zwei Zeichnungen des 1917 in Wien entstandenen „Zyklus der sinnbefreiten Linien“ gesehen und, vermutlich die Linie Nr. 14, spontan erworben. Er bat Kleiber, den er zu dieser Zeit schon gut kannte, doch im Stil dieser Linien, großformatigere Arbeiten zu erstellen, so dass diese für sein neues Privatbüro als repräsentative Ausstattung genutzt werden könnten. Lambertio schwebten offensichtlich auf Leinwand ausgeführte Werke vor.

Kleiber bat um Bedenkzeit und darum, den Raum und seine Ausstattung sehen zu dürfen. Er wollte den Auftrag, der ihm sehr gelegen kam, nicht ablehnen; gleichzeitig konnte er sich mit der vorgeschlagenen Technik und der angedachten Größe der in Auftrag gegebenen Werke nicht anfreunden. „Die Linien, die ich male“, schrieb er an einen Freund in Palermo, „entspringen aus der natürlichen Bewegung meiner Hand über den Zeichenbogen.“ Er könne natürlich eine in dem diesem Vorgang entsprechen Größenverhältnis entworfene Linie auch in ein größeres Format übertragen, doch dann bestünde die Gefahr, dass sie den ihr gemäßen Charakter verlöre.

Lambertios Anfrage zwang Kleiber sich noch einmal mit einem Thema zu beschäftigen, mit dem er bereits in Wien konfrontiert war, als er seine Linien in einer ersten Ausstellung präsentierte: der Größe. Kleinformatige Zeichnungen ließen sich nicht gut verkaufen und schon gar nicht zu Preisen, die für Galleristen, aber auch für den Künstler attraktiv waren. Kleiber hat wohl, ob in jener Zeit in Rom, als Lambertio ihn anfragte, oder bereits früher, mit vergrößerten Exemplaren seiner Linien experimentiert, die Ergebnisse dieser Experimente aber allesamt verworfen. Und so finden sich in seinem Nachlass keine dieser Übungen.

Gesichert ist hingegen, dass Kleiber bei einem Besuch von Lambertios Haus den Sammler davon überzeugte, das private, aber dessen ungeachtet representativ gedachte Büro, mit Zeichnungen in kleinem bis mittleren Format auszustatten. Die Rahmung erfolgte aufwändig mit wertigen Materialien, aber in einer dem Charakter der Zeichnungen entsprechenden formalen Schlichtheit.

Nach der erwähnten Skizze müssen es, und zwar in dieser Reihenfolge von rechts nach links die Nummern 14, 26, 27, 7, 8, 34 und die Nr. 28 gewesen sein. Die Grafiken hingen an der der Eingangstür gegenüberliegenden Wand, die von dem aus dem Raum herausragenden Vorbau einer gläsernen Veranda unterteilt war. Die Grafiken müssen noch bis 1970 in dem Raum gehangen haben und sind dann wohl bei den notwendigen umfangreichen Renovierungen verlorengegangen. Zumindest sind sie nicht mehr auffindbar. Die hier wiedergegebenen Versionen stammen alle aus der Sammlung Hauser. Die Linie Nr. 28 ist in der Sammlung Hauser nur in einer späteren, variierten Version aus dem Jahre 1987 vorhanden. Die den Linienverlauf füllenden Straffuren sind in jedem Fall weckzudenken. Ob auch die Linienführung von Kleiber einer Variation unterworfen worden ist, kann, mangels des fehlenden Originals, nicht mehr festgestellt werden.

Grundriss des Arbeitszimmers / Büros in der Villa Lambertio, vermutlich von der Hand PJK's. Scann MBAIII-14-03-21_5478.

Grundriss des Arbeitszimmers / Büros in der Villa Lambertio, vermutlich von der Hand PJK’s. Scan MBAIII-14-03-21_5478.